Zeitungen als Quelle

"Insbesondere für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sind die alten Tageszeitungen Fundgruben. Wer hätte gedacht, dass auf der Peterstraße in Freiberg, gleich neben der Post, in der Mitte des 19. Jahrhunderts kostbarste Delikatessen wie Kaviar, französische Kapern, feinstes Olivenöl aus der Provence und 'ächt ital. Macaroni' angeboten wurden? Anzeigen und Werbung vermitteln lebensnahe Einblicke in die Geschichte von Straßen und Häusern."
Josef Matzerat hat diese Sätze in einem kleinen, 2012 in BIS - Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen, Nr. 3, erschienenen Artikel mit dem Titel "Zeitungen als historische Quellen. Anregungen und Wünsche eines Historikers" (http://www.qucosa.de/fileadmin/data/qucosa/documents/9665/BIS_3.12_Matzerath.pdf).

Ich bin mit einer einfachen Google-Suche auf diesen Titel gestoßen. Das Thema beginnt mich deshalb zunehmend zu interessieren, weil unsere eigenen derzeitigen Arbeiten etwa zu der regionalen Gesellschaft am Vorabend und im Ersten Weltkrieg immer wieder die Auswertung von Tageszeitungen notwendig macht. Wir hatten mit den hannoverschen Tageszeitungen von 1914 begonnen und mussten bald feststellen, dass:
- Zeitungsleser im Jahre 1914 keineswegs von Weltnachrichten ausgeschlossen waren, sondern aus allen Teilen des Deutschen Reiches und der Welt teilweise sehr ausführliche Nachrichten erhielten,
- die einzelnen Beiträge sehr lang und ausführlich waren,
- Tageszeitungen allein aus der Stadt Hannover ein breites politisches Spektrum abdecken konnten, das zumindest nach erster Durchsicht deutlich breiter und zielgruppenorientierter war als bei heutigen Zeitungen bzw. den Informationsangeboten im Internet.

Was wir noch nicht hinreichend bearbeitet haben, sind gerade die vielen Details des damaligen Alltags, die im obigen Zitat angesprochen werden. Amerikanische Studien verweisen denn auch darauf, dass gerade dieser Aspekt von Bedeutung ist. Dazu kommen auch neue Erkenntnisse, wie der Fall, der in dem Beitrag von Matzerath gleich zu Anfang berichtet wird.

Wir stehen hier noch am Anfang, aber bei einer ersten zufälligen Umfrage unter Kollegen wurde deutlich, wie intensiv teilweise Zeitungen als Quellen ausgewertet werden.


Interessante Websites, Blogbeiträge:
http://idlethink.wordpress.com/2009/06/16/on-newspapers-as-sources/

Allen, Robert B.; Sieczkiewicz, Robert: How historians use historical newspapers, in: Proceedings of the 73rd ASIS&T Annual Meeting on Navigating Streams in an Information Ecosystem - Volume 47, Silver Springs, MD, USA 2010, S. 24:1–24:4 (ASIS&T  ’10). (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/meet.14504701131/pdf)

http://chnm.gmu.edu/worldhistorysources/unpacking/newshow.html

http://www.historians.org/perspectives/issues/1993/9310/9310ARC.cfm

AnetteSch - 9. Aug, 13:33

Wenn es nur nicht so aufwendig wäre...

Lokalzeitungen faszinieren mich auch. Ich habe gerade erst angefangen, einige Zeitungen mal exemplarisch zu sichten, die mein Thema betreffen. Spannend fand ich, wie viel Klatsch & Tratsch aus aller Welt dort zu lesen war. Und auch die Werbeanzeigen fand ich interessant. Was wird eigentlich angeboten? Welche Konsumformen kann man daran ablesen? Und: Wer bietet so etwas eigentlich an? Da findet man einiges über die (auch überörtlichen) ökonomischen Verbindungen heraus!
Das Problem besteht für mich vor allem darin, dass Zeitungsanalysen - gerade wenn sie solche "Nebensächlichkeiten" betreffen - unfassbar zeitaufwendig sind. Das ist ja kaum zu leisten, wenn man alleine an einem Thema sitzt...

KHSchneider - 19. Aug, 21:18

Citizen Science könnte eine Lösung sein, ist allerdings gerade bei Historikern noch nicht weit gediehen. Wir versuchen gerade so etwas mit sehr bescheidenen Mitteln:
http://wissenschafttrifftlaienforschung.blogspot.de/2013/05/wissenschaft-tritt-laienforschung-geht.html

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