Mittwoch, 28. November 2007

Langsam ist der Fortschritt

Im letzten Beitrag habe ich (mal wieder) über die Nutzung von Textverarbeitung geklagt. Aber es ist nicht nur die Tatsache, dass an unseren Hochschulen die Ausbildung in Sachen EDV nach wie vor rudimentär zu sein scheint (ich hatte übrigens noch so ein anderes Schmankerl vergessen: völlig nichtssagende Dateinamen wie vortrag.doc), sondern eine Praxis, die sich an - technisch gesehen - längst überholtes Standard(!)s orientiert: d.h., auch wenn niemand unter 30 noch wirklich eine Schreibmaschine benutzt hat, arbeitet er mit dem PC genau so wie mit einer Schreibmaschine. Ähnlich sehe ich die derzeit beliebten Pdfs: die alte Hoffnung, mit Hypertexten zu arbeiten, findet sich zwar bei den wikis, gleichwohl setzen die Pdf-Dateien oder die Bilddateien bei Digitalisierungsprojekten auf das alte analoge Bild, lediglich digital realisiert. In manchen Punkten waren einige vor 10 Jahren weiter als heute die meisten. Das zeigt meiner Ansicht nach etwa die Homepage von Arthur E. Imhof, die auch ein Archiv der Angebote seit 1995 enthält.

Es gibt für das späte 19. Jahrhundert dieses schöne Bild der "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen", das sich gerade auf regionaler Ebene bietet. Ähnlich scheint es mir auch derzeit bei der Nutzung des Web zu sein: einige wenige, die die neuen technischen Möglichkeiten intensiv nutzen, viele andere, die alte Kulturtechniken weiter führen und sich nur so weit auf die neue Technik einlassen, wie es unbedingt notwendig ist. Ich bin mir nicht so sicher, ob das lediglich eine Frage der Zeit ist, denn dann hätte seit 1995 einiges passieren können, das über die Erstellung von meist statischen Seiten, vielen OPACs und Datenbank generierten Websites sowie Pdf-Dateien hinaus führt. Es bleiben genug übrig, die sich die neuen Möglichkeiten nicht aneignen, weil sie keine Zeit haben, keine Lust oder deren Sinn einfach nicht einsehen.

Wozu Word? Oder: Jeder ist eine Insel

Es mag wie ein nebensächliches Problem erscheinen, aber dennoch stört es mich sehr, nur mich?. Wenn Kollegen etwa befragt werden, ob sie auf ein Nicht-MS-Betriebssystem wechseln wollen, kommt immer wieder die Gegenfrage: Kann ich dann auch mit Word weiter arbeiten? Und ich frage mich immer mehr: weshalb Word überhaupt? Reicht nicht ein simpler Editor, der eine Fußnotenfunktion bietet? Denn alle andere Funktionen, die Word oder OpenOffice oder jede andere, etwas fortgeschrittene Textverarbeitung bietet, werden systematisch ignoriert. Das heißt: auf keinen Fall Formatvorlagen nutzen, alle Formatierungen hart durchführen, Einzüge werden über Leerstellen erzeugt, Seitenumbrüche am besten über Leerabsätze.

Nun könnte man sagen: soll es doch jeder machen wie er will. Aber wir leben in einer vernetzten Welt und vielleicht muss ich mit diesem Text weiter arbeiten und kann dann weder die Gliederungsfunktion nutzen, noch den Text schnell umformatieren. All das geht nur nach neuem Aufwand, den mir der Produzent dieses Textes zumutet.

Bei all der Begeisterung über die vielen Möglichkeiten des Web 2.0 fände ich es gut, wenn Hochschulen wenigstens Absolventen produzieren könnten, die angemesssen mit einer Textverarbeitung umgehen können.

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