Basel, das Web 2.0 und ein paar Irritationen
Warum endet dieser Workshop ein wenig müde und emotionslos? Bloggen, das Hauptthema des Nachmittags, scheint nett zu sein, im deutschsprachigen Raum allerdings etwas für Aussenseiter und Newcomer, nicht nur die Masse der Wissenschaftler. Blogs scheinen eine Randerscheinung zu sein, nicht nur für diejenigen, die sie - nicht - lesen, sondern auch für diejenigen, die sie schreiben. So könnte man zunächst knapp das Ergebnis dieses Tages, besonders des Nachmittags, zusammen fassen.
Also, am Freitag fand in einem schönen barocken Gebäude in Basel, dem Wildtschen Haus, ein Workshop zu Geschichtswissenschaft im Web 2.0 statt, die Besetzung versprach einiges, wenngleich sie ein wenig unter krankheitsbedingten Absagen zu leiden hatte. Nach einem einführenden Vortrag von Peter Haber, der die letzten 20 Jahre hinsichtlich der Nutzung des Internet Revue passieren ließ, positionierte sich Manfred Thaller mit Thesen, die in den anschließenden Beiträgen nicht nur auf Zustimmung stießen. Eine zentrale These Thallers lautet: "Nicht wer etwas schreibt, sondern was er schreibt, ist von Bedeutung." Das löst allerdings nicht das Problem, dass wir immer wieder auf Verfahren zurück greifen, eine Bewertung für Themen abgeben zu müssen, für die wir keine oder nur eine geringe Kompetenz besitzen.
Zudem problematisierte er einen Aspekt, der auf der Hand liegt: neue Medien bieten eine fast unendliche Möglichkeit, über Geschichte zu kommunizieren, aber was geschieht, wenn wir fast nur noch über Geschichte kommunizieren? Seine These dazu: "Wird der Akt der Kommunikation wichtiger als das Kommunizierte, endet die Geschichtswissenschaft."
An einem mittelalterlichen Editionsprojekt (http://www.mom-ca.uni-koeln.de/MOM-CA/start.do) erläuterte er schließlich seine Überlegungen zur engeren Kooperation von Wissenschaftlern und erfahrenen Laien über das Netz. Hier besteht eine Chance der systematischeren Zusammenarbeit von Laien und Wissenschaftlern, übrigens ein Gedanke, der schon im 19. Jahrhundert entwickelt wurde: Laien als Zuarbeiter für Wissenschaftler. Naheliegend wäre eigentlich dann die Frage, welche Konsequenzen es haben kann, wenn Laien über das Internet auf neue, bislang fast nur der Forschung zugängliche Ressourcen Zugriff haben? Wie können Wissenschaftler ihren Exklusivitätsanspruch verteidigen, wenn ihre Wissenschaft quasi öffentlich wird und zwar nicht nur in der Rezeption (einem Bereich, in dem sie schon jetzt schlecht vertreten sind), sondern in der Produktion. Oder schaffen sie wieder exklusive Räume wie etwa Research Gate (http://www.researchgate.net/)?
Der Nachmittag dann war für mich eine leichte Enttäuschung. Prof. Dr. Mills T. Kelly (George Mason University, Center for History and New Media, chnm.gmu.edu, edwird.org) brachte ein paar schöne Beispiele für bemerkenswerte Blogs, und fragte kritisch nach, ob Blogs wissenschaftliche Aufgaben übernehmen können. Dann wurden drei Blogs von ihren Autoren vorgestellt (siehe unten den Tagungsüberblick), aber hier hätte ich mir doch ein wenig mehr etwas mehr Engagement im Vortrag gewünscht. Dann folgte eine Diskussionsrunde im Plenum, die ein wenig an ein Kaffeekränzchen erinnerte. Wie komme ich zu dieser Wertung? Vielleicht deshalb, weil doch recht defensiv argumentiert wurde. Wer weiß, ob es in fünf Jahren noch Blogs gibt, aber ist das relevant? Schwerwiegender, aber darauf wurde nur kurz eingegangen, dürfte doch sein, dass praktisch alle führenden Historikerinnen in Deutschland sich den digitalen Medien, und erst recht den Blogs gegenüber distanziert verhalten. Blogger bedienen in jeder Hinsicht noch Nischen, jeder auf seine Weise, aber sie/wir spielen in unserer Zunft nur eine Nebenrolle.
Blogs können eine Nische füllen, für die Informationen zwischendurch, vorweg und danach, womit ich in erster Linie Lehre, aber auch Veranstaltungen wie diese meine. Sie könnten auch eine Ergänzung zu den Diskussionsrunden von Tagungen bieten, besser nachbereiten und auch vorbereiten. Dafür müssten aber die "Richtigen" oder genauer: mehr! bloggen. Warum nicht schon vor einer Tagung im eigenen Blog auf den eigenen Beitrag hinweisen und danach kommentieren? Warum nicht Verweise und Anregungen sammeln, warum ... Wenn wir schon einen derartigen Aufwand für Tagungen einkalkulieren wie Anreise, Zuhören, Reden, Heimreise, warum dann nicht das gewisse Mehr an Arbeit investieren?
Und warum leiten wir nicht stärker Debatten um in die Blogs statt sie "nur" auf Tagungen oder in Zeitschriften zu führen? Manches hat nur eine begrenzte Halbwertzeit, manches muss auch nicht im aufwendigen Verfahren gedruckt werden, aber es sollte zur Diskussion gestellt werden.
Allerdings sind Blogs öffentlich, jeder und jede kann darin lesen. Wollen das die meisten - oder werden sie sich, wenn sie endlich die digitalen Medien nicht mehr schneiden in geschützten Räumen wie Research Gate treffen?
Insofern endet die Tagung doch erfreulich. Für mich bedeutet sie, vor allem in drei Richtungen weiter zu denken:
1. Konzeptionell an diesem Blog weiter zu arbeiten.
2. Nach den Gründen für die Distanz der meisten Fachwissenschaftler zu fragen.
3. Über das Verhältnis von Fachwissenschaft und Laienhistorikern stärker nachzudenken.
Der Link zur Tagung, weitere Unterlagen sollen bald eingestellt werden:
http://www.hist.net/index.php?id=136
Also, am Freitag fand in einem schönen barocken Gebäude in Basel, dem Wildtschen Haus, ein Workshop zu Geschichtswissenschaft im Web 2.0 statt, die Besetzung versprach einiges, wenngleich sie ein wenig unter krankheitsbedingten Absagen zu leiden hatte. Nach einem einführenden Vortrag von Peter Haber, der die letzten 20 Jahre hinsichtlich der Nutzung des Internet Revue passieren ließ, positionierte sich Manfred Thaller mit Thesen, die in den anschließenden Beiträgen nicht nur auf Zustimmung stießen. Eine zentrale These Thallers lautet: "Nicht wer etwas schreibt, sondern was er schreibt, ist von Bedeutung." Das löst allerdings nicht das Problem, dass wir immer wieder auf Verfahren zurück greifen, eine Bewertung für Themen abgeben zu müssen, für die wir keine oder nur eine geringe Kompetenz besitzen.
Zudem problematisierte er einen Aspekt, der auf der Hand liegt: neue Medien bieten eine fast unendliche Möglichkeit, über Geschichte zu kommunizieren, aber was geschieht, wenn wir fast nur noch über Geschichte kommunizieren? Seine These dazu: "Wird der Akt der Kommunikation wichtiger als das Kommunizierte, endet die Geschichtswissenschaft."
An einem mittelalterlichen Editionsprojekt (http://www.mom-ca.uni-koeln.de/MOM-CA/start.do) erläuterte er schließlich seine Überlegungen zur engeren Kooperation von Wissenschaftlern und erfahrenen Laien über das Netz. Hier besteht eine Chance der systematischeren Zusammenarbeit von Laien und Wissenschaftlern, übrigens ein Gedanke, der schon im 19. Jahrhundert entwickelt wurde: Laien als Zuarbeiter für Wissenschaftler. Naheliegend wäre eigentlich dann die Frage, welche Konsequenzen es haben kann, wenn Laien über das Internet auf neue, bislang fast nur der Forschung zugängliche Ressourcen Zugriff haben? Wie können Wissenschaftler ihren Exklusivitätsanspruch verteidigen, wenn ihre Wissenschaft quasi öffentlich wird und zwar nicht nur in der Rezeption (einem Bereich, in dem sie schon jetzt schlecht vertreten sind), sondern in der Produktion. Oder schaffen sie wieder exklusive Räume wie etwa Research Gate (http://www.researchgate.net/)?
Der Nachmittag dann war für mich eine leichte Enttäuschung. Prof. Dr. Mills T. Kelly (George Mason University, Center for History and New Media, chnm.gmu.edu, edwird.org) brachte ein paar schöne Beispiele für bemerkenswerte Blogs, und fragte kritisch nach, ob Blogs wissenschaftliche Aufgaben übernehmen können. Dann wurden drei Blogs von ihren Autoren vorgestellt (siehe unten den Tagungsüberblick), aber hier hätte ich mir doch ein wenig mehr etwas mehr Engagement im Vortrag gewünscht. Dann folgte eine Diskussionsrunde im Plenum, die ein wenig an ein Kaffeekränzchen erinnerte. Wie komme ich zu dieser Wertung? Vielleicht deshalb, weil doch recht defensiv argumentiert wurde. Wer weiß, ob es in fünf Jahren noch Blogs gibt, aber ist das relevant? Schwerwiegender, aber darauf wurde nur kurz eingegangen, dürfte doch sein, dass praktisch alle führenden Historikerinnen in Deutschland sich den digitalen Medien, und erst recht den Blogs gegenüber distanziert verhalten. Blogger bedienen in jeder Hinsicht noch Nischen, jeder auf seine Weise, aber sie/wir spielen in unserer Zunft nur eine Nebenrolle.
Blogs können eine Nische füllen, für die Informationen zwischendurch, vorweg und danach, womit ich in erster Linie Lehre, aber auch Veranstaltungen wie diese meine. Sie könnten auch eine Ergänzung zu den Diskussionsrunden von Tagungen bieten, besser nachbereiten und auch vorbereiten. Dafür müssten aber die "Richtigen" oder genauer: mehr! bloggen. Warum nicht schon vor einer Tagung im eigenen Blog auf den eigenen Beitrag hinweisen und danach kommentieren? Warum nicht Verweise und Anregungen sammeln, warum ... Wenn wir schon einen derartigen Aufwand für Tagungen einkalkulieren wie Anreise, Zuhören, Reden, Heimreise, warum dann nicht das gewisse Mehr an Arbeit investieren?
Und warum leiten wir nicht stärker Debatten um in die Blogs statt sie "nur" auf Tagungen oder in Zeitschriften zu führen? Manches hat nur eine begrenzte Halbwertzeit, manches muss auch nicht im aufwendigen Verfahren gedruckt werden, aber es sollte zur Diskussion gestellt werden.
Allerdings sind Blogs öffentlich, jeder und jede kann darin lesen. Wollen das die meisten - oder werden sie sich, wenn sie endlich die digitalen Medien nicht mehr schneiden in geschützten Räumen wie Research Gate treffen?
Insofern endet die Tagung doch erfreulich. Für mich bedeutet sie, vor allem in drei Richtungen weiter zu denken:
1. Konzeptionell an diesem Blog weiter zu arbeiten.
2. Nach den Gründen für die Distanz der meisten Fachwissenschaftler zu fragen.
3. Über das Verhältnis von Fachwissenschaft und Laienhistorikern stärker nachzudenken.
Der Link zur Tagung, weitere Unterlagen sollen bald eingestellt werden:
http://www.hist.net/index.php?id=136
KHSchneider - 13. Nov, 08:57