Regionale Entwicklungspfade

Gerade ist die neueste Prognos-Studie vorgelegt worden (Zukunftsatlas), die die sehr starken regionalen Unterschiede in Deutschland belegt, eigentlich etwas, was sich in den letzten Jahren nur im Detail verändert hat: dem Osten geht es schlecht, dem Süden gut bis ausgezeichnet, der Nordwesten, also Niedersachsen, schlägt sich wacker, wobei es im Westen besser aussieht als im Südosten, was nichts daran ändert, dass Wolfsburg die Vorzeigeregion des Landes war und ist.
Dies alles wirft die Frage auf, wie solche Entwicklungen historisch einzuordnen sind. Gibt es - gewissermaßen aus der Geschichte abgeleitet - erfolgreiche Regionen? Oder wenigstens: bietet die „Geschichte“ eine Voraussetzung für den Erfolg? Der Blick auf „erfolgreiche“ niedersächsische Regionen macht skeptisch. Nehmen wir das Emsland: 1950 gehörte es zu den Regionen mit einem hohen Nachholbedarf, der im Rahmen des Emslandplans dann stattfand, und dennoch nahm die Zahl der Beschäftigten bis 1970 ab. Erst danach fand ein sich immer mehr beschleunigender Anstieg der Beschäftigten statt (die Zahlen finden sich: Werner Franke; Grave, Josef; Schüpp, Heiner, Steinwascher, Gerd, Hrg., Der Landkreis Emsland: Geographie, Geschichte, Gegenwart, Meppen 2002, S. 689). Der heute erfolgreiche Landkreis hat also ganz andere Zeiten hinter sich. Es spricht deshalb einiges dafür, dass komplexe Umstände zu dem aktuellen Erfolg führten. Nicht anders war es beim benachbarten Oldenburger Münsterland, das im 19. Jahrhundert zu den Problemregionen Norddeutschlands gehörte, u.a. mit einer erheblichen Auswanderungsquote, und sich erst nach und nach mit einem Mix aus einer exportorientierten Landwirtschaft und einer weiter verarbeitenden Nahrungsmittelindustrie zu einer dynamischen Region entwickeln konnte, die noch dazu von der Nähe zum Ruhrgebiet und Bremen (via A 1) profitiert.
Die Prognos-Studie wirft noch andere Fragen auf: Ist unsere Politik der Entwicklung ländlicher Räume nicht ein Konzept, das dringend kritischer Überprüfung bedarf, auch wenn das zu heftigen Protesten führen dürfte? Können wir verbissen auf jede Region sehend, uns aufwendige Förderkonzepte leisten? Funktionieren die seit ca. 20 Jahren landauf, landab gepredigten Entwicklungskonzepte ländlicher Räume wirklich? Oder spielen für den Erfolg von Regionen nicht andere Faktoren eine wichtigere Rolle, wie die Nähe eines urbanen Entwicklungszentrums? Ist gar unser Blick auf die Region und ihre Akteure nicht schon ein problematischer Zugriff, denn Akteure kleben nicht an Regionen, wie eine der wichtigsten Akteursgruppen des 19. Jahrhunderts, die Auswanderer, nachhaltig bewiesen haben.

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