Bauernbefreiung und aktuelle Hungerdebatten
Ich arbeite gerade an einer kurzen Geschichte der Bauernbefreiung. Ehe nun jemand beginnt, zu gähnen, weil dieses Thema auf den ersten Blick so langweilig erscheinen mag, ist ein Blick auf die aktuelle "Hunger-Debatte" sinnvoll, wie sie etwa in der ZEIT geführt wird. Das Thema ist so neu nicht und auch nicht die Frage, unter welchen Bedingungen die Produzenten wirtschaften, selbst die Frage des Eigentums und der Verteilung der Produkte ist von einer zuweilen erstaunlichen Aktualität.
Was mich speziell interessiert, ist die Frage, im Rahmen welcher Prozesse überhaupt solche umgreifenden Projekte wie das Ende des Feudalsystems realisiert werden konnte. Es gab zwar, von revolutionären Frankreich initiiert, einen radikalen, bürgerlichen Gegenentwurf, aber dieser wurde so schnell nicht in anderen kontinentalen Gesellschaften realisiert. Selbst dann, wenn der bürgerliche Eigentumsbegriff realisiert wurde, wurde er in einem feudalen Sinn gleichsam interpretiert, indem ostelbische Gutsherren weiterhin faktisch Herrschaft ausübten, ohne die im feudalen System für sie gelten Beschränkungen weiterhin berücksichtigen zu müssen.
Im Westen Deutschlands sah vieles anders, d.h. weniger gravierend aus, aber das ist wohl eher eine Fehlinterpretation. Auch hier leistete der Adel massiven Widerstand, die Machtfrage musste erst gestellt werden, um Durchbrüche erzielen zu können und selbst dann mussten die Bauern teuer bezahlen.
Kann man daraus auch etwas für die heutigen Verhältnisse lernen? Wohl doch, dass Herausforderungen wie die sichere Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht einfach so zu haben ist, es keine Königswege gibt. Vielleicht auch, dass die Selbstwahrnehmung der Industriegesellschaften, sie hätten das Hungerproblem gelöst, eine perspektivische Verzerrung war, weil der Hunger auch nach den Agrarreformen nie aus dieser Welt verschwunden ist (und die Bauernbefreiung war ein europäisches Projekt, das aber inhaltlich mit dem Ende der Sklaverei verbunden war). Das Neue ist, dass es jetzt auch die trifft, die ganz selbstverständlich davon ausgegangen sind, dass steigende Lebensmittelpreise - keineswegs Hunger - eine Frage der Vergangenheit sind.
Die Hoffnung, durch technische Maßnahmen Probleme zu lösen, erscheint aus der Sicht des 18. und frühen 19. Jahrhunderts jedenfalls fragwürdig, denn damals gab es zwar Innovationen, aber in einem nur geringem Umfang. Bessere Bodennutzung etwa durch Eigentumsübertragung waren wichtige Stichworte. Anders als heute musste man aber mit dem auskommen, was der Boden lieferte, externe Einträge durch Dünger etc. waren für diese Reformer jedenfalls unbekannt. Vielleicht sollte diese Landwirtschaft stärker auch für neue Entwürfe, die nicht auf Gentechnik und sonstige Technik setzt, als Anreger wieder stärker genutzt, wie auch schon jetzt das "Dry-Farming" des 19. Jahrhunderts wieder interessant wird, nachdem bislang es so aussah, als könne man die klmatischen Probleme des mittleren Westen der USA einfach mit Grundwasser lösen.
Was mich speziell interessiert, ist die Frage, im Rahmen welcher Prozesse überhaupt solche umgreifenden Projekte wie das Ende des Feudalsystems realisiert werden konnte. Es gab zwar, von revolutionären Frankreich initiiert, einen radikalen, bürgerlichen Gegenentwurf, aber dieser wurde so schnell nicht in anderen kontinentalen Gesellschaften realisiert. Selbst dann, wenn der bürgerliche Eigentumsbegriff realisiert wurde, wurde er in einem feudalen Sinn gleichsam interpretiert, indem ostelbische Gutsherren weiterhin faktisch Herrschaft ausübten, ohne die im feudalen System für sie gelten Beschränkungen weiterhin berücksichtigen zu müssen.
Im Westen Deutschlands sah vieles anders, d.h. weniger gravierend aus, aber das ist wohl eher eine Fehlinterpretation. Auch hier leistete der Adel massiven Widerstand, die Machtfrage musste erst gestellt werden, um Durchbrüche erzielen zu können und selbst dann mussten die Bauern teuer bezahlen.
Kann man daraus auch etwas für die heutigen Verhältnisse lernen? Wohl doch, dass Herausforderungen wie die sichere Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht einfach so zu haben ist, es keine Königswege gibt. Vielleicht auch, dass die Selbstwahrnehmung der Industriegesellschaften, sie hätten das Hungerproblem gelöst, eine perspektivische Verzerrung war, weil der Hunger auch nach den Agrarreformen nie aus dieser Welt verschwunden ist (und die Bauernbefreiung war ein europäisches Projekt, das aber inhaltlich mit dem Ende der Sklaverei verbunden war). Das Neue ist, dass es jetzt auch die trifft, die ganz selbstverständlich davon ausgegangen sind, dass steigende Lebensmittelpreise - keineswegs Hunger - eine Frage der Vergangenheit sind.
Die Hoffnung, durch technische Maßnahmen Probleme zu lösen, erscheint aus der Sicht des 18. und frühen 19. Jahrhunderts jedenfalls fragwürdig, denn damals gab es zwar Innovationen, aber in einem nur geringem Umfang. Bessere Bodennutzung etwa durch Eigentumsübertragung waren wichtige Stichworte. Anders als heute musste man aber mit dem auskommen, was der Boden lieferte, externe Einträge durch Dünger etc. waren für diese Reformer jedenfalls unbekannt. Vielleicht sollte diese Landwirtschaft stärker auch für neue Entwürfe, die nicht auf Gentechnik und sonstige Technik setzt, als Anreger wieder stärker genutzt, wie auch schon jetzt das "Dry-Farming" des 19. Jahrhunderts wieder interessant wird, nachdem bislang es so aussah, als könne man die klmatischen Probleme des mittleren Westen der USA einfach mit Grundwasser lösen.
KHSchneider - 21. Mai, 19:06
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