Blogs - nur Fragen

Meine nach dem Workshop in Basel gemachte Bemerkungen über das „Kaffeekränzchen“ braucht vielleicht doch noch eine Ergänzung. Eigentlich wollte ich nur ein wenig provozieren, weil die letzte Gesprächsrunde etwas zu harmonisch war. Jetzt führen wir also die Debatte im Netz - nicht schlecht. Seitdem frage ich mich verstärkt, wozu ein Blog taugen kann. Um ehrlich zu sein: Als ich ihn, also diesen Blog, begonnen habe, sollte er gewissermaßen eine kommentierte Linkliste sein und vorrangig kurze aktuelle Nachrichten u.a. für meine Studierenden bieten - mehr nicht. Lange Artikel oder Beiträge waren nicht geplant, jedoch nicht ausgeschlossen. Mit Rezensionen, oder besser Kommentaren zu neuen Publikationen, habe ich es ein paar Mal versucht, es aber nicht systematisch betrieben. Ein wenig (ein wenig, weil der Vergleich zu meinen Lasten hinkt!) ist Archivalia schon ein „Vorbild“, jedenfalls ist digireg eher ein digitales Nachrichtenboard. Ob ein Blog diese Aufgabe wirklich gut wahrnehmen kann, oder irgendwann eine andere technische Lösung, sei dahingestellt. Hier sollten wir ohnehin nicht vergessen, dass wir ein wenig „Resteverwerter“ sind. Blogs sind nicht für Historiker erfunden worden, sondern ein allgemeines Angebot mit einer entsprechenden technischen Infrastruktur, die wir auch nutzen, weil wir Teil dieser Gesellschaft sind.
Was ich in diesem Zusammenhang nach wie vor verwunderlich finde, ist die weitgehende Ablehnung vieler Fachkollegen und -kolleginnen von digitalen Medien. Verwunderlich, weil eine durchaus praktizierte Nutzung einhergeht mit einer geradezu habituellen Ablehnung allen Digitalens. Dass etwas im Netz stehen kann, führt schon zur Distanz. Eklatant wird es bei der Wikipedia. Nun ist doch eigentlich das Veröffentlichen eine Kernaufgabe von Wissenschaft. An dieser Stelle könnte man einwenden, dass nicht jeder wissenschaftliche Diskurs gleich weltweit im Netz stehen muss. Das muss auch nicht sein. Ein Argument, das ich öfter höre, ist der Zeitaufwand, den digitale Medien verursachen. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Wer wirklich aktuell sein will, muss dafür Zeit investieren, die woanders fehlt. Die Frage ist - und hier müsste vielleicht nachdringlicher der Beweis erbracht werden - ob diese Zeit nicht an anderer Stelle „eingespart“ werden kann. Hier verhalten wir uns zuweilen ein wenig unlogisch. Bei machen Promovenden erlebe ich das. Ihnen ist am Anfang der Zeitaufwand zu hoch, sich in eine gute Literaturverwaltung oder eine Datenbankanwendung einzuarbeiten. Sie beginnen schlicht mit Word. Wenn sie dann merken, dass diese Lösung nicht die richtige ist, ist es schon zu spät. Gewiss, es gibt schon seit langem Gegenbeispiele, überraschend ist aber, dass die systematische und angemessene EDV-Nutzung immer noch ein Stiefkind in der Ausbildung von Historikern ist. Demgegenüber dürfte die Powerpoint-Nutzung wirklich zweitrangig sein (vom Nutzen dieser Software einmal abgesehen).
Vielleicht liegt hier auch das Problem von denjenigen unter uns, die in den digitalen Medien eine große Chance sehen für ein „besseres“ wissenschaftliches Arbeiten. Machen wir den Fehler, uns zu wenig darauf zu konzentrieren, dass unsere Methode diejenige ist, die mit weniger Aufwand zu mehr Ergebnis führt? Sollte ggf. die Debatte stärker in diese Richtung führen? Aber welchen vermehrten Nutzen bieten Blogs oder andere Nutzungsformen des Web 2.0? Das ist eine rhetorische und eine ernstgemeinte Frage zugleich. Rhetorisch, weil ich einen Nutzen darin sehe, sonst würde ich keine Blogbeiträge schreiben, ernst, weil ich mit - einigen anderen - eine Minderheit darstellen. Aber warum eigentlich ist das ein Problem?

Zu dem Thema gibt es beim weblog.histnet.ch mehrere Blogbeiträge, der letzte von heute, auf den ich mich ein wenig beziehe.


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