Verwahrlost?

In der ZEIT beklagt Ulrich Herbert den schlechten Zustand der Lehre in vielen Seminaren der Geschichtswissenschaft, u.a. durch eine Überfüllung der Seminare. Das mag stimmen, aber es stimmt auch bedenklich, wenn, wie in Hannover, sich erschreckend wenig Professoren für Studienangelegenheiten interessieren (aber dauerhaft über eine zu hohe Lehrbelastung klagen) oder wenn die neuen Studiengänge dazu genutzt werden, ein Lernpensum einzufordern, das bei einigermaßen realistischen Lektürezeiten schon fast absurd klingt. Statt dessen kommt dann die Klage über Plagiate. E-Learning-Angebote werden mittlerweile genutzt, aber zögernd und widerstrebend, wie überhaupt neue Medien den meisten Kolleginnen und Kollegen eher eine Plage denn eine Chance zu sein scheinen. Es mag hier vielleicht gar nicht überraschend wirken, wenn innovative und interaktive Lehr und Lernmodule in der Geschichtswissenschaft wie adfontes oder Geschichte online oder pastperfect nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz und in Österreich entwickelt worden sind. In Deutschland setzen wir eher auf lineare Wissensvermittlung wie in unserer Lernwerkstatt oder der Einführung in die Frühe Neuzeit. Das liegt nicht unbedingt an der technischen Ausstattung, sondern an der Nutzung der technischen Ausstattung.

Nun soll hier nicht einfach dem E-Learning das Wort geredet werden, aber es fehlen die guten Lehrideen, die kreative Annahme der Herausforderungen in der Lehre und nicht nur das Klagen über die schlechten Rahmenbedingungen. Und es fehlt zuweilen an Professoren, die in der Lehre und nicht nur im Einwerben von Drittmitteln oder dem Schreiben von Büchern und Aufsätzen ihre Aufgabe sehen. Es ist schon erschreckend, wenn ein Student aus München mir nach zwei Mails mitteilt, das sei mehr Kontakt gewesen, als er mit seinem Professor während der gesamten Prüfungsphase inklusive Magisterarbeit hatte. Gut, es handelt sich um einen renommierten Kollegen, aber ist das wirklich ein Argument? Bei der Jagd nach Exzellenz und den besten Studierenden gerät immer mehr die Masse aus dem Blick und das liegt vielleicht nicht nur an den schlechten Betreuungsrelationen.

Eigentlich wollte ich hier heute über einen Vortrag von Rüdiger Nehberg kurz berichten, den dieser heute abend im Audimax der Uni gehalten hat, u.a. über die Verstümmelung von Frauen; zu dem Thema gibt es sicher auch kompetentere Schreiber.

Trackback URL:
https://digireg.twoday.net/stories/4504466/modTrackback

Suche

 

Aktuelle Beiträge

Dorf und Kleinbahn
Am 4. November fand in Wietze im Deutschen Erdölmuseum...
KHSchneider - 6. Nov, 11:36
Es passiert doch einiges
Hier ist es in den letzten Monaten sehr, sehr ruhig...
KHSchneider - 20. Mai, 20:10
Blog Befreiung 1945
Nach einiger Zeit der Ruhe beginnt hier vielleicht...
KHSchneider - 4. Mär, 17:01
Das "verschwundene" Jahrhundert
Mein Kollege Carl-Hans Hauptmeyer hat in der hannoverschen...
KHSchneider - 17. Sep, 18:13
Erster Weltkrieg
Wieder zurück!Auf Digireg ist es lange recht ruhig...
KHSchneider - 13. Mai, 17:39

Archiv

Dezember 2007
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 
 1 
 2 
 4 
 6 
 8 
 9 
10
14
15
17
18
20
21
22
23
25
26
27
28
29
30
31
 
 
 
 
 
 
 

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Web Counter-Modul


Berlin
Dorf
Geschichte
Hannover
Hochschule
Krieg
Medien
Migration
Minden 1759
Museen
Region
Ressourcen
Revolution 1848
Schaumburg
Software
Stadtplanung
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren