Dienstag, 23. Dezember 2008

Karl Abel

Anfang der 1980er Jahre waren eine spannende Zeit für junge, mehr oder weniger arbeitslose Historiker. Der Aufbruch der Geschichte als Sozialwissenschaft hatte gerade begonnen, arbeitslose Historiker orientierten sich nicht nur nur neu (der Schuldienst war weitgehend verschlossen), sondern sie gingen auch methodisch neue Wege, gründeten Geschichtswerkstätten, nutzten die mündliche Überlieferung als Quellengattung und organisierten Spurensuchen in Dörfern und Städten. Die Erinnerung an die nationalsozialistische Machtübernahme 50 Jahre zuvor gab diesen Bemühungen neuen Auftrieb. Geschichte war dabei nicht mehr allein Sache von Fachhistorikern, sondern auch von engagierten Laien. Die Volkshochschule Schaumburg engagierte sich damals besonders stark in diesem Bereich, indem sie u.a. Kurse zur Erforschung der "Machtübernahme" 1933 durchführte.

Die Auseinandersetzung mit der "antifaschistischen" Vergangenheit des Landkreises, mit den Straßenschlachten, den führenden Männern (Frauen wurden damals noch weitgehend ausgeblendet ...) der Arbeiterbewegung spielte eine große Rolle. Eine der legendären Figuren war dabei der aus Obernkirchen stammende Karl Abel. Abel war bis zum Verbot der KPD ein wichtiges Führungsmitglied in der Partei. Seine Parteibasis war u.a. in dem bei Obernkirchen liegenden Dorf Krainhagen, in dem ich damals neu zugezogen war. In Krainhagen lebten vor 1945 vor allem Bergleute und Korbmacher, die bei den Obernkirchener Glashütten, insbesondere der Neuen Hütte beschäftigt waren. Hier inKrainhagen hatte die KPD 1933 sogar bei den Reichstagswahlen mehr Stimmen erhalten als die SPD. Abel, der u.a. dem Preußischen Landtag angehört hatte, war nach dem Krieg wieder Mitglied des Niedersächsischen Landtags, dort nicht nur Fraktionsvorsitzender der KPD, sondern auch der einzige kommunistische Minister des Landes Niedersachsen. Anfang 1948 kam es zum Eklat. Nachdem aus Polen schwere Vorwürfe gegen den niedersächsischen Ministerpräsidenten Kopf erhoben worden waren, forderte Abel im Namen seiner Partei einen Untersuchungsausschuss. Damit stand die KPD gegen alle anderen Parteien, Abel trat im Februar zurück.
Abel hatte maschinenschriftliche Erinnerungen angefertigt, die seiner Zeit durch meine Vermittlung bei der Tochter als Kopie dem Staatsarchiv in Bückeburg übergeben wurden. Ich freue mich deshalb besonders, dass diese Schrift jetzt als Buch erschienen ist: Christian Heppner (Hg.): Als Sozialist und Kommunist unter vier Regimes. Die Memoiren des ersten niedersächsischen Sozialministers Karl Abel (1897-1971) [= Schaumburger Studien 67], Bielefeld 2008.

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