Donnerstag, 5. September 2013

Entschleunigen

Letzte Woche haben wir in Hösseringen wieder eine Projektwoche durchgeführt (Sommeruni genannt), auf der wir Zeugnisse zum Ersten Weltkrieg ausgewertet haben, jetzt denken wir über eine Präsentation der Ergebnisse nach, wobei derzeit in Richtung eines Blogs denken, aber nach den Erfahrungen der letzten Tage könnte ich mir auch eine Lösung via Twitter vorstellen. Ein Aspekt bei der Leküre von Zeugnissen wie Feldpostbriefen ist die Perspektiven der Schreiber und der Leser. Vor welchem Hintergrund haben sie die Texte geschrieben, welche Erwartungen waren damit verbunden, was wollte man schreiben, was durfte man und was auf keinen Fall. Gestern bin ich dann durch Zufall auf einen Satz wie diesen gestoßen:

"Der Anliegen, Geschichte zu entschleunigen, setzt sich zum Ziel die essentielle Unbestimmtheit von Geschichte deutlich werden zu lassen."

Dieser Satz findet sich hier: http://info.umkc.edu/dfam/projekt/entschleunigen/

Er bezieht sich auf ein Projekt, das genau diesen Ansatz verfolgt und den heutigen Leser wie die vergangenen Autoren im Unklaren darüber läßt, wie die Geschichte ausgeht.

Ideen

Die gestrige Tagung in Braunschweig zu digitalen Geschichtswissenschaft hat schon jetzt eine erfreuliche Wirkung gezeigt. Dazu zwei Anmerkungen. auch als Antwort zu:

http://blog.stummkonzert.de/2013/09/fazit-zur-digigw2013/

Zum einen zur Nachhaltigkeit. Hier sehe ich besonders mit Blick auf frühere, innovative Projekte von Jenks, Imhof oder den Kölner Wirtschaftshistorikern vor allem die Hochschulen in der Pflicht. Die schalten nämlich gern Server von Kollegen ab, die entweder die Hochschule verlassen haben oder in den Ruhestand gegangen sind. Wenn es gut läuft, sind noch ein paar Reste zu finden, zuweilen sind aber alle Daten weg oder zumindest gibt es die Links nicht mehr. Mein, zugegeben, sehr subjektiver Eindruck ist, dass die Hochschulen sich zu wenig um die Sicherung und dauerhafte Verfügbarkeit ihrer digitalen Daten Gedanken machen. Ich versuche derzeit daraus den Schluß zu ziehen, dass meine Daten einer anderen Institution übergeben werden, um zu erreichen, dass sie auch nach 2019 (dann endet meine Dienstzeit) noch verfügbar sind.

Die drei Beispiele zeigen aber auch, dass vieles möglich ist, wenn man einfach nur anfängt. Die Kölner haben ein beeindruckendes Angebot an digitalisierten Texten online gestellt - ohne Fördermittel, nur mit einem eigenen Scanner ausgestattet, sogar ganz allein. Warum soll das nicht mehr möglich sein? Also vielleicht einfach nur anfangen? Und warum nicht zunächst etwas kleiner? Darauf ließe sich aufbauen. Blogs sind schnell eingerichtet, ein Wiki ebenfalls. Wenn es nicht sofort öffentlich sein soll, gäbe es Google Docs und Co.

Mein Vorschlag oder besser meine Frage wäre deshalb: Gibt es nicht Themen, die mehrere Kolleginnen/Kollegen gemeinsam bearbeiten können, indem sie sammeln, bereitstellen, gemeinsam ein Thema weiter entwickeln? Um es nicht zu theoretisch werden zu lassen, hier ein paar Vorschläge.
Ich arbeite gerade in drei kleinen, regionalen Projekten über den Ersten Weltkrieg. Neben der Erfassung von Daten zu den Toten spielt die Zeitungsauswertung gerade für den Juli 1914 eine größere Rolle, dann aber auch andere Überlieferungen wie Feldpostbriefe. Hier könnte ich mir in der einen oder anderen Form ein gemeinsames Projekt vorstellen. Gerade regionale Projekte könnten durch den Austausch und damit den Vergleich profitieren. Es sind übrigens alles studentische Projekte, forschendes Lernen und projektorientiertes Arbeiten sind dabei immer implementiert.

Ein zweites Thema: Wir haben - zugegeben, etwas einfach - vor Jahren für unsere Studienanfänger in der Lernwerkstatt Geschichte ein virtuelles Tutorium begonnen. Derzeit planen wir, es zu überarbeiten, weil es einfach nicht mehr Stand der Dinge ist. Es gibt eine Reihe anderer, optisch und inhaltlich durchaus interessanterer Projekte. Aber wie wäre es, wenn mehrere sich mit der Frage beschäftigen, wie im Netz eine sinnvolle, nutzbare und entwicklungsoffene Einführung in das digitale Geschichtsstudium aussehen könnte. Die Ergebnisse könnten entweder zentral oder auch dezentral (und dann ggf. mit Varianten) anschließend im Netz publiziert werden. Literatur gibt es dazu genug, aber offenkundig reichen die bekannten Einführungen nicht aus, um Studierende und Lehrende zu einem offeneren Umgang mit dem Netz und dem Digitalen zu bewegen.

Es ist ja nicht so, dass bislang nichts geschehen ist (und der Eindruck, der in Braunschweig vermittelt wurde, hat mich zunächst so frustriert). Aber es gibt offenbar auch das Interesse an einer neuen Bewegung, wobei mir das kollaborative Arbeiten über das Netz besonders ertragreich zu sein scheint. Die obigen Überlegungen können vielleicht dazu als Anregung dienen.

Ach ja, hier noch die Links:

Zum Kölner Digitalisierungsprojekt und den aktuellen Problemen: http://archiv.twoday.net/stories/434207191/
Das angesprochene virtuelle Tutorium findet sich unter: http://www.lwg.uni-hannover.de/wiki/Das_virtuelle_Tutorium

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